Verkehrsunfälle mit beteiligten Kindern sind trotz aller Vorsicht nicht immer zu vermeiden. Wenn Sie Glück haben, passiert Ihnen und den Kindern nichts. Doch welche juristischen Konsequenzen folgen, wenn das Kind verletzt ist oder ein Blechschaden an Ihrem Auto entsteht? Die Anwaltskanzlei Scheerer & Maly klärt Sie über die aktuelle Rechtslage auf.

Das Wichtigste in Kürze
- Kinder, die das elfte Lebensjahr nicht vollendet haben, sind im Straßenverkehr grundsätzlich nicht haftbar / deliktsfähig, schuldunfähig.
- Wenn das Kind das siebte Lebensjahr vollendet hat, kann es in Ausnahmefällen und bei nachgewiesener Fahrlässigkeit haftbar gemacht werden.
- Eltern können für Kinder nur haftbar gemacht werden, wenn diese ihre Aufsichtspflicht verletzen.
Grundsätzlich haben Kinder keine Schuld an Verkehrsunfällen
Im bürgerlichen Gesetzbuch ist geregelt, dass Kinder, die das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, grundsätzlich schuldunfähig sind. Es gibt keinen Fall, indem Kinder, die einen Schaden verursacht haben, für diesen verantwortlich gemacht werden können.
Seitdem 01.08.2002 gilt durch das neue Schadensersatzrecht, dass Kinder zwischen dem siebten und dem zehnten Lebensjahr nicht für Schäden haftbar gemacht werden können, die sie im Straßenverkehr fahrlässig verursachen.
Der Hintergrund ist die juristische Wertung durch die gesetzgeberische Instanz, dass Kinder aufgrund ihres körperlichen Entwicklungsstandes nicht fähig sind, den Straßenverkehr und seine Gefahren richtig einzuschätzen. Daher können Kinder auf Gefahrensituationen nicht entsprechend reagieren. Kinder gelten als die schwächsten Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer, weil sie Geschwindigkeiten und Entfernungen schlecht einschätzen können und keine Übersicht über den Verkehr haben.
Ausnahmen für das Haftungsprivileg von Kindern
Für Kinder im Alter zwischen sieben und zehn bestehen allerdings auch Ausnahmen, die das Haftungsprivileg aussetzen. Kinder müssen demnach für einen Schaden haften, wenn sie diesen mit Vorsatz verursacht haben. Wenn also ein Kind zwischen sieben und zehn Jahren Steine auf ein Auto wirft, kann es für den Schaden haftbar gemacht werden.
Das Haftungsprivileg wird auch dann ausgesetzt, wenn Kinder einen Schaden im stehenden Verkehr verursachen. Die gesetzgebende Instanz geht davon aus, dass im stehenden Verkehr die Gefahrenquellen sehr gering sind und auch Kinder diese einschätzen können.
In welchen Fällen haften Eltern für Ihre Kinder?
Sobald Kinder nicht haftbar gemacht werden können, wird gefragt, ob die Eltern haftbar gemacht werden können. Den Satz „Eltern haften für ihre Kinder!“ hat jeder schon gehört. Allerdings ist dieser Satz nur in Ausnahmefällen gültig.
Eltern können nämlich nur für den Schaden, den ihre Kinder verursacht haben, haftbar gemacht werden, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Wie weitreichend diese Aufsichtspflicht ist, wird von Fall zu Fall entschieden.
Bei der Aufsichtspflicht kann niemand erwarten, dass Eltern ihre Kinder auf dem gesamten Schulweg begleiten. Man kann allerdings eine strengere Aufsicht erwarten, wenn Kinder sich auffällig im Straßenverkehr verhalten und in der Vergangenheit schon Autos beschädigt haben. Folgende Faktoren sind bei der Einschätzung der Aufsichtspflicht relevant:
- Alter des Kindes
- Individuelle Entwicklung
- Vorhandene Gefahrenquellen in der Umgebung