1.200 gemeldete sexuelle Übergriffe in der Kölner Silvesternacht im Jahr 2016 brachten erneut den Stein ins Rollen, der die Gesetzgeber in Deutschland dazu zwang, die Grundsätze zum Thema sexuelle Belästigung zu überarbeiten. Wir, die Anwaltskanzlei Scheerer & Maly, sind Ihre Anwälte für Strafrecht in Stuttgart und möchten Ihnen die aktuelle Rechtslage in Bezug auf sexuelle Belästigung darlegen. Zudem klären wir Sie über die Rechte als Opfer auf.
Was wird unter dem Begriff „sexuelle Belästigung“ verstanden?
Paragraf § 184 h Strafgesetzbuch (StGB) spricht von sexueller Handlung bzw. in schweren Fällen von einem sexuellen Übergriff, wenn eine unerwünschte sexuelle Handlung im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut vorliegt.
Unter sexueller Belästigung versteht man demnach sexuell bestimmte Handlungen, die die Würde des Opfers verletzen und unerwünscht sind. Findet die Belästigung verbal statt, ist sie strafbar, wenn sie eine Beleidigung oder Erniedrigung darstellt.
Die sexuelle Belästigung mit körperlicher Berührung kann in schweren Fällen auch als sexueller Übergriff bzw. als Vergewaltigung nach § 177 StGB gewertet werden. Hierbei ist die eigentliche Motivation des Ausführenden nicht von Bedeutung. Zu bewerten ist die äußere Erscheinung der Handlung mit Beziehung zum Geschlechtlichen. Das bedeutet, dass das Ausmaß der Handlung nach dem äußeren Erscheinungsbild für beispielsweise eine dritte Person bestimmt wird.
Wann fängt sexuelle Belästigung an?
Sexuelle Belästigungen können verbal, nicht-verbal und physisch sein. Somit schließt der Begriff bereits sexualisierende Bemerkungen, durchdringendes Anstarren oder Textnachrichten ein, welche als beleidigend oder erniedrigend aufzufassen sind.
Die Motivation des Ausführenden ist hierbei nicht von Bedeutung, weshalb im Ernstfall auch Scherze als sexuelle Handlung gewertet werden können. Ob am Arbeitsplatz, in der Universität, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder in der Disco – auch der Ort der Belästigung ist hierbei nicht von Belang.
Wie sehen die Rechte der Opfer aus?
Findet die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz statt, hat das Opfer das Recht dazu, mit dem Vorgesetzten/der Vorgesetzten und dem Betriebs- oder Personalrat zu sprechen. Dies spricht Ihnen das Beschwerderecht in § 13 AGG zu.
Ist der/die Vorgesetzte selbst der Täter, haben Sie als Opfer das Recht, sich an dessen Vorgesetzten zu wenden, der zur Hilfeleistung verpflichtet ist. Werden keine Maßnahmen ergriffen, können Sie schriftlich das Leistungsverweigerungsrecht einfordern und haben auch das Recht auf Entschädigung vom Arbeitgeber.
Bei sexueller Belästigung in öffentlichen Verkehrsmitteln, an öffentlichen Plätzen oder Ähnlichem raten wir dazu, dem Täter/der Täterin eine klare Botschaft zu senden. Wehren Sie sich verbal gegen die unerwünschte Kontaktaufnahme, wechseln Sie den Sitzplatz und sprechen Sie Ihre Mitmenschen für Hilfe an. Wenn Sie die Situation nicht selbst entschärfen können, verständigen Sie die Polizei.